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Was ist eine Ökobilanz? Drei Beispiele für Ökobilanzen | One Click LCA

Geschrieben von Asha Ramachandran | Mai 12 2025

Ökobilanzen messen die Umweltauswirkungen eines Gebäudes in vier wichtigen Phasen

1. Produktion und Bau

In dieser ersten Phase geht es um die Herstellung und den Zusammenbau der für den Bau eines Gebäudes verwendeten Materialien. Sie umfasst eine Vielzahl von Prozessen, die jeweils zu den gesamten Umweltauswirkungen des Gebäudes beitragen.

  • Gewinnung von Rohstoffen: Die Gewinnung natürlicher Ressourcen für den Bau, wie Mineralien, Metalle, Zuschlagstoffe, Holz und mehr.

  • Herstellung: Die Rohstoffe werden in Herstellungsprozessen in Bauprodukte umgewandelt, die Energie verbrauchen und Emissionen und andere Abfälle freisetzen.

  • Transport: Die Materialien werden von den Abbaustätten zu den Produktions- und Bauanlagen transportiert.

  • Bau: Der Bau von Gebäuden umfasst verschiedene Aktivitäten, von der Vorbereitung des Standorts und den Fundamentarbeiten bis hin zur Montage und Installation.

2. Nutzungsphase

Die Nutzungsphase umfasst die betrieblichen Aktivitäten des Gebäudes, die nach dessen Inbetriebnahme stattfinden. Diese Phase ist durch Energieverbrauch, Wasserverbrauch, kontinuierliche Instandhaltung und weitere betriebliche Tätigkeiten gekennzeichnet.

  • Energieverbrauch: Der Betrieb eines Gebäudes erfordert Energie für verschiedene Zwecke, wie Beleuchtung, Heizung, Kühlung und den Betrieb elektrischer Geräte. Die Herkunft dieser Energie kann den CO2-Fußabdruck des Gebäudes maßgeblich beeinflussen.

  • Wasserverbrauch: Die Bewohner von Gebäuden nutzen Wasser für sanitäre Zwecke, Hygiene und diverse andere Aktivitäten. Übermäßiger Wasserverbrauch kann lokale Wasserressourcen belasten und zur Wasserknappheit beitragen.
  • Instandhaltung: Nachhaltige Instandhaltungspraktiken können die Lebensdauer von Baumaterialien verlängern, das Abfallaufkommen reduzieren und den Bedarf an neuen Ressourcen minimieren.

3. Ende des Lebenszyklus (End-of-Life)

In dieser Phase geht es um die Stilllegung und Entsorgung eines Gebäudes, sobald es das Ende seiner Nutzungsdauer erreicht hat.

  • Abriss: Wird ein Gebäude funktionsunfähig oder nicht mehr benötigt, wird es in der Regel abgerissen.

  • Abfallentsorgung: Sowohl beim Abriss als auch bei der Entsorgung ist ein ordnungsgemäßes Abfallmanagement von Bau- und Abbruchabfällen entscheidend.

  • Beseitigung: Materialien, die nicht recycelt oder wiederverwendet werden können, landen häufig auf  Mülldeponien.

4. Nutzen über die Systemgrenze hinaus

Diese Phase berücksichtigt die weiterreichenden Auswirkungen des Lebenszyklus eines Gebäudes über dessen direkte Systemgrenze hinaus.

  • Wiederverwendung und Recycling: Die Wiederverwendung von Gebäuden und Materialien verlängert deren Lebensdauer und reduziert die Nachfrage nach neuen Ressourcen.

  • Kohlenstoffbindung: Bestimmte Baumaterialien, wie Holz, binden über einen Großteil ihrer Lebensdauer Kohlendioxid aus der Atmosphäre.

  • Soziale und wirtschaftliche Auswirkungen: Der Lebenszyklus eines Gebäudes kann sich auf Gemeinden, die Wirtschaft und die menschliche Gesundheit auswirken. Nachhaltige Baupraktiken können Arbeitsplätze schaffen, die Innenraumluftqualität verbessern und das Wohlbefinden der Bewohner steigern.

Beispiele für Ökobilanzen

Hier sind drei Szenarien, die veranschaulichen, wie die Durchführung einer Ökobilanz ein Bauprojekt wesentlich beeinflussen kann.

Ökobilanz-Beispiel 1, für Architekten: Entwurf eines nachhaltigen Bürogebäudes

Lassen Sie uns in ein hypothetisches Ökobilanzbeispiel eintauchen. Stellen Sie sich vor, Sie sind Architekt und haben den Auftrag, ein neues Bürogebäude für einen Kunden zu entwerfen. Ihr Ziel ist es, ein nachhaltiges Gebäude zu entwerfen, das die Umweltauswirkungen minimiert. Sie könnten bereits in der Entwurfsphase eine Ökobilanz durchführen, um Ihre Material- und Designentscheidungen gezielt an diesem Ziel auszurichten.

Sie beginnen mit der Erfassung von Entwurfsdaten aus Ihrer BIM-Software. Diese Daten umfassen den Grundriss, die Abmessungen und die Materialien des Gebäudes. Anschließend geben Sie diese Informationen in die Ökobilanz-Software ein und erstellen automatisch einen ersten Bericht.

Zu diesem Zeitpunkt können Sie verschiedene Materialoptionen für die Gebäudestruktur, die Gebäudehülle und die Oberflächenbehandlung untersuchen. Sie können traditionelle Materialien wie Beton und Stahl und alternative nachhaltige Materialien wie Brettsperrholz (CLT) und recycelten Stahl in Betracht ziehen. Jede Materialwahl besitzt ein eigenes Umweltprofil, das Aspekte wie CO2-Emissionen, Auswirkungen auf Boden und Wasser, Primärenergieverbrauch und weitere Umweltkategorien berücksichtigt.

Mithilfe einer Ökobilanz-Software können Sie die Umweltauswirkungen der einzelnen Materialoptionen analysieren und auf der Grundlage dieser Daten fundierte Entscheidungen treffen. Beispielsweise weisen Brettsperrholz und recycelter Stahl im Vergleich zu herkömmlichem Beton und Stahl einen geringeren CO₂-Fußabdruck auf. Eine Ökobilanz würde es Ihnen ermöglichen, den tatsächlichen Wert dieses geringeren CO2-Fußabdrucks zu erkennen, Ihre Materialentscheidungen auf der Grundlage von Daten zu treffen und die Nachhaltigkeits- und Kostenvorteile den Interessengruppen zu präsentieren.

In diesem Beispiel ermöglicht die frühzeitige Durchführung einer Ökobilanz fundierte Materialentscheidungen, die zu einem nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Gebäudeentwurf führen.

Ökobilanz-Beispiel 2, für Projektentwickler: Bewertung der betrieblichen Energieeffizienz

In diesem Szenario stellen Sie sich vor, Sie sind ein Projektentwickler und planen den Bau eines neuen Apartmentkomplexes in einem urbanen Gebiet. Sie haben sich dem Ziel verschrieben, energieeffiziente Gebäude mit minimalen Betriebsemissionen zu errichten.

Ihr Ziel bei dieser Ökobilanz ist es, ein Höchstmaß an Energieeffizienz zu erreichen und gleichzeitig den verkörperten Kohlenstoff zu begrenzen. Der Umfang der Analyse umfasst die Bewertung von Entwurfsalternativen hinsichtlich Gebäudeausrichtung, Dämmung, Verglasung, HLK-Systemen und Beleuchtung. Der Schwerpunkt liegt darauf, den Energieverbrauch zu reduzieren, ohne dabei den gebundenen Kohlenstoff zu erhöhen.

Ihre erste Energieanalyse zeigt, dass ein passives Solardesign in Kombination mit einem energieeffizienten HLK-System über die Lebensdauer des Gebäudes hinweg die geringsten Betriebsemissionen verursacht. Mithilfe einer Ökobilanz bewerten Sie darüber hinaus, wie viel gebundener Kohlenstoff jede Materialwahl zum Gesamtgebäude beiträgt. So erhalten Sie ein vollständigeres Bild der gesamten CO2-Bilanz und können ein Betriebssystem auswählen, das sowohl energieeffizient ist als auch einen geringen "embodied carbon footprint" aufweist.

Sie können auch die Auswirkungen der Umsetzung energieeffizienter Konstruktionsalternativen auf die Kosten abschätzen, die Vorlaufkosten, die Wartungskosten und die potenziellen Energieeinsparungen über die Lebensdauer des Gebäudes vergleichen. Ziel ist es, Designoptionen zu identifizieren, die die CO2-Emissionen reduzieren und gleichzeitig eine gute Investitionsrendite bieten.

In diesem Beispiel unterstützt die Durchführung einer Ökobilanz in der frühen Entwurfsphase die Auswahl eines energieeffizienten Ansatzes bei gleichzeitiger Minimierung des verkörperten Kohlenstoffs.

Ökobilanz-Beispiel 3, für Ingenieure: XPS gegenüber Zellulosedämmung

Stellen Sie sich vor, Sie sind Ingenieur und verantwortlich für die Planung eines energieeffizienten und ökologisch nachhaltigen Bürogebäudes. Ihr Ziel ist es, die Umweltauswirkungen verschiedener Dämmmaterialien für die Gebäudehülle zu bewerten.

 

Bei der Prüfung von Dämmstoffen stoßen Sie auf zwei Optionen: Hochleistungsdämmung aus extrudiertem Polystyrol (XPS) und Zellulosefaserdämmung. XPS ist für seine hervorragenden thermischen Eigenschaften bekannt, die zu einer höheren Energieeffizienz im Betrieb führen können. Erste Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass die Herstellungsprozesse von XPS zu hohen verkörperten Emissionen beitragen. Zellulosefaserdämmung bietet zwar eine geringere thermische Leistung, zeichnet sich jedoch aufgrund ihres Anteils an erneuerbaren und recycelten Materialien durch deutlich geringere verkörperte Emissionen aus.

Durch die Nutzung einer Ökobilanz-Software und die Berücksichtigung aller Lebenszyklusphasen werden Sie möglicherweise feststellen, dass die von XPS-Dämmstoffen versprochenen Energieeinsparungen im Betrieb zwar erheblich sind, diese aber durch die hohe verkörperte Kohlenstoffbelastung relativiert werden. Zellulosefaserdämmung könnte – trotz geringerer thermischer Effizienz – in der Gesamtbilanz die umweltfreundlichere Wahl darstellen.

In diesem Szenario ermöglicht Ihnen die Durchführung einer Ökobilanz, die Abwägung zwischen betrieblichen Energieeinsparungen und verkörpertem Kohlenstoff umfassend zu bewerten. Ein vertieftes Verständnis der Rolle der verschiedenen Dämmstofftypen innerhalb der gesamten CO2-Bilanz versetzt Sie in die Lage, eine Entscheidung zu treffen, die der ökologischen Nachhaltigkeit des Gebäudes zuträglich ist und eine ganzheitliche Betrachtung der Umweltauswirkungen widerspiegelt.

One Click LCA bietet Ingenieuren Zugang zu Tausenden von Umweltproduktdeklarationen und erleichtert so den präzisen Vergleich verschiedener Produkte.