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Luftverschmutzung in Hongkong – mit ENVI-met verstehen und gezielt reduzieren

Sarah Mille

Feb 11 2025 Min. Lesezeit

Dichte Bebauung, geringe Luftzirkulation, hohe Emissionen – in engen Straßenschluchten sammeln sich Schadstoffe und beeinträchtigen die Luftqualität. Doch wie genau beeinflussen Gebäudeanordnung und Windströmungen die Verteilung von Luftschadstoffen? Und welche planerischen Maßnahmen können dazu beitragen, die Belastung zu reduzieren?

Der Doktorand Jeffrey Chang von der University of Hong Kong untersucht mit ENVI-met, wie sich Luftverschmutzung in stark verdichteten Stadtvierteln verteilt. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf Mong Kok, einem der am dichtesten bebauten Gebiete Hongkongs. Dort analysiert er, welche baulichen und planerischen Maßnahmen helfen können, Schadstoffkonzentrationen zu senken.

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Luftverschmutzung in Hongkong | ENVI-met von One Click LCA
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Luftverschmutzung gehört zu den größten Umwelt- und Gesundheitsproblemen unserer Zeit. Fast 90 % der Städte weltweit überschreiten laut WHO die empfohlenen Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO₂) und Feinstaub (PM₂.₅). Diese Schadstoffe stehen in direktem Zusammenhang mit Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Problemen und einer reduzierten Lebenserwartung. Der State of Global Air Report 2024 zeigt, dass im Jahr 2021 weltweit 8,1 Millionen Todesfälle auf Luftverschmutzung zurückzuführen waren – mit den stärksten Auswirkungen in Asien, Afrika und Osteuropa.

Besonders betroffen sind hochverdichtete Städte. Hier verschärfen enge Straßen, hoher Verkehr und wenig Luftzirkulation die Situation. Ein zentraler Faktor: Straßenschluchten, die Schadstoffe in Bodennähe halten und den Luftaustausch behindern. Für Architekten, Bauunternehmen und Investoren bedeutet das, dass Luftqualität längst kein reines Umwelt- oder Gesundheitsproblem mehr ist – sie beeinflusst auch den Wert und die Attraktivität von Immobilien.

Wie Straßenschluchten die Luftverschmutzung verstärken

In Städten wie Hongkong sind Hochhäuser oft eng aneinander gebaut. Das führt dazu, dass sich die Luft zwischen den Gebäuden staut. Der Wind kann die Schadstoffe nicht abtransportieren – Abgase sammeln sich und bleiben in Bodennähe.

In Mong Kok ist dieses Problem besonders ausgeprägt. Stagnierende Luft und dichter Verkehr sorgen dafür, dass sich Schadstoffe über Stunden oder sogar Tage hinweg in der Luft halten. Die Folge: dauerhaft erhöhte Belastungen für Bewohner und Passanten, mit gesundheitlichen Risiken. Das ist nicht nur eine Herausforderung für die Stadtplanung, sondern auch ein wichtiger Aspekt für Projektentwickler und Immobilienbesitzer – denn Luftqualität beeinflusst langfristig die Lebensqualität und den Standortwert.

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Image source: Jeffrey Chang

Mithilfe von ENVI-met hat Chang untersucht, wie Windrichtung, Gebäudegeometrie und Verkehrsfluss die Verteilung von NOₓ beeinflussen – und welche Maßnahmen eine Verbesserung bringen können.

Erkenntnisse aus der ENVI-met-Windmodellierung

Die Simulationen liefern wertvolle Erkenntnisse darüber, wie sich Schadstoffe in Straßenschluchten verhalten – und wie sich ihre Konzentration gezielt reduzieren lässt:

  • Windrichtung beeinflusst die Schadstoffverteilung. Quer zur Straße wehende Winde (z. B. aus Osten oder Westen) sorgen für Luftverwirbelungen, die Abgase bodennah einschließen. Strömungen entlang der Straße (z. B. aus Norden oder Süden) helfen, Schadstoffe effizienter zu verteilen.

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  • Gebäudeanordnung steuert den Luftaustausch. Hohe Gebäude auf der windzugewandten Seite blockieren die Luftströmung, wodurch Bereiche mit geringer Luftbewegung entstehen, in denen sich Schadstoffe ansammeln. Gleichzeitig können Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite verhindern, dass der Wind ungehindert durch die Straßenschlucht strömt. Diese Wechselwirkung beeinflusst die Luftqualität auf Straßenebene und in den unteren Stockwerken. Eine durchdachte Gebäudeanordnung kann die Luftzirkulation verbessern und Schadstoffe effizienter verteilen.

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  • Schadstoffe steigen auch vertikal auf. NOₓ-Konzentrationen sind nicht nur am Boden hoch – selbst in zehn Metern Höhe wurden noch deutlich erhöhte Werte gemessen, was die Luftqualität in Wohn- und Arbeitsräumen beeinträchtigen kann.

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Stadtplanung als Schlüssel für bessere Luftqualität

Die Forschung zeigt: Luftverschmutzung lässt sich durch intelligente Stadtplanung gezielt reduzieren. ENVI-met hilft dabei, verschiedene Maßnahmen zu simulieren, bevor sie umgesetzt werden. Drei Stellschrauben sind besonders wirksam: Begrünung, eine durchdachte Gebäudeanordnung und eine optimierte Verkehrsführung. Strategisch platzierte Grünflächen und begrünte Fassaden können Schadstoffe filtern und die Luftqualität verbessern. Offenere Gebäudeanordnungen ermöglichen eine bessere Luftzirkulation, sodass sich weniger Schadstoffe in Straßenschluchten stauen. Eine optimierte Verkehrsführung hilft, Staus zu vermeiden und so die Emissionen zu senken. Ein weiterer Faktor ist die Nutzung von Windströmungen. ENVI-met zeigt, wo und wie sich kühle Brisen in die Stadt leiten lassen, um Schadstoffe gezielt aus belasteten Gebieten abzutransportieren. Gleichzeitig lassen sich unerwünschte Windkanäle vermeiden, die das Mikroklima negativ beeinflussen können.

Die Rolle von ENVI-met in der Stadtplanung

Luftverschmutzung entsteht durch viele Faktoren – doch mit den richtigen Maßnahmen lässt sie sich gezielt verringern. ENVI-met macht Schadstoffströme sichtbar, analysiert Winddynamik und hilft, wirksame Lösungen zu entwickeln. Mit hochauflösender 3D-Windmodellierung können Städte erkennen, wo sich Luftverschmutzung besonders staut, wie Gebäude die Luftzirkulation beeinflussen und welche Lösungen die größten Verbesserungen bringen. So lässt sich bereits in der Planungsphase sicherstellen, dass neue Bauprojekte nicht zur zusätzlichen Belastung für die Luftqualität werden. Für Architekten, Bauunternehmen und Investoren ist das ein entscheidender Faktor – denn eine durchdachte Planung verbessert nicht nur die Luftqualität, sondern steigert auch die langfristige Attraktivität und Nachhaltigkeit eines Standorts.

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